Der STUMM-Orgelverein trauert um Jürgen Eppelsheim

Mit Trauer hat der Stumm-Orgelverein vom Tod seines Ehrenmitglieds Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim erfahren. Wir sind ihm dankbar und werden sein Andenken bewahren. Denn seine Studien über die Instrumente der Orgelbauerfamilie Stumm, die zwischen 1715 und 1920 in sechs Generationen in Sulzbach gewirkt und den Orgelbau geprägt hat, haben diese bedeutende Werkstatt rehabilitiert und ihr kulturelles Erbe neu bewusst gemacht. Sein Interesse, das ihn schon seit seiner Jugend erfasst hat und die für ihn typische Gründlichkeit, haben u.a. die wegweisenden Restaurierungen in Rhaunen und Sulzbach möglich gemacht. Heute ist jede Kirchengemeinde mit einer Stumm-Orgel zurecht stolz auf ihr Instrument und möchte es erhalten.

Der Nachruf von Pfr. Heinrich Teubel würdigt seine Verdienste, nicht zuletzt auch um die Orgeln in Rhaunen und Sulzbach.

 

Für den Stumm-Orgelverein in Rhaunen und Sulzbach:

 

Dr. Stefan Huck             Dr. Hans-Wolfgang Theobald                           Heiner Schneider

1. Vorsitzender               2. Vorsitzender                                                  Ehrenvorsitzender


In der Süddeutschen Zeitung  SZ können Sie unter der Traueranzeige für Prof. Jürgen Eppelsheim eine Traueranzeige anzünden:

Gedenkkerzen von Jürgen Eppelsheim | SZ-Gedenken.de (sueddeutsche.de)


Nachruf Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim

Jürgen Eppelsheim beim Abbau der Orgel 1980 in Sulzbach

Am 15. Oktober 1974 hielt Herr Prof. Dr. Eppelsheim aus München im ev. Gemeindesaal in Rhaunen einen Vortrag über die Orgeln der Orgelbauerfamilie Stumm aus Sulzbach und über die möglichen Restaurierungen der beiden Orgeln von Rhaunen und Sulzbach. Als die restaurierten Orgeln von Rhaunen im Januar 1979 und die von Sulzbach im November 1981 eingeweiht wurden, erschien jeweils zu diesem Anlass eine Festschrift, deren sachkundigen Texte Prof. Eppelsheim geschrieben hatte. Die Zusammenarbeit mit ihm hatte 1973 begonnen. In diesem Jahr war er von beiden Presbyterien als Sachverständiger berufen worden, später in die Zusammenarbeit mit der Orgelbauwerkstatt Johannes Klais in Bonn. In dieser ganzen Zeit erwies sich, dass diese Wahl ein außerordentlicher Glücksfall war.

Vom 17. bis 19.9.1973 weilte Dr. Eppelsheim in Rhaunen, studierte das Archiv und arbeitete bis in die Nacht hinein in der Rhaunener Orgel, wo er die einzelnen Pfeifen genau vermaß. In den privaten Gesprächen erzählte er mir, wie er sich seit seiner Jugend für die Stumm-Orgeln interessiert und sie immer systematisch erforscht habe. Seine musikwissenschaftliche Habilitation, die bis heute unveröffentlicht ist, hat er dem Begründer der Orgelbauerdynastie der Stumms, Johann Michael Stumm aus Sulzbach (1683 – 1747) gewidmet. Demnach war die Rhaunener Orgel eines seiner frühen Werke, die Sulzbacher von 1746 sein letztes, das er bereits zusammen mit seinen Söhnen baute. Der Orgelbau der damaligen Zeit gilt als Höhepunkt in der Orgelbaugeschichte, und die Stumms eine ihrer bedeutendsten Orgelbauerfamilien. So konnte Dr. Eppelsheim bis in Einzelheiten hinein sagen, wie die Stumms in den verschiedenen Generationen und zu verschiedenen Zeiten z.B. die Pfeifen gebaut und signiert haben. Eine solche Detailkenntnis des gesamten Aufbaus, auch der Windladen, war und ist ungewöhnlich, ja bewundernswert! Damit verbunden waren ausführliche Hinweise auf eine wissenschaftlich begründete Restaurierung.

In Rhaunen wurde das in vielfacher Weise sichtbar: Es begann mit 2 „Sensationen“: am 18.9.1973 kam Dr. Eppelsheim aus der Kirche und erzählte, dass er die ursprüngliche Kassettenwand des Unterbaus gefunden habe: sie stand als verstaubte Trennwand zwischen dem Aufgang und der Orgelempore Und er gab mir noch einen „Geheimtipp“: er fuhr mit der Hand über die Innenfläche der kassettierten Orgelbrüstung und ließ mich die ursprüngliche „geschruppte“ Hobelbearbeitung dieser Flächen spüren. Die zweite war, dass die ursprüngliche Manualwindlade (das „Herzstück“ jeder Orgel!), die 1934 ausgebaut worden war, in der ev. Kirche in Neuwied-Feldkirchen wieder auftauchte, erhalten geblieben ist und zurückgebracht werden konnte. Viele weitere „Sensationen“ folgten, bis hin zum heutigen wiederhergestellten Aussehen der Orgel und deren markenten Klang. Dass in den hochentwickelten und reichen Städten Norddeutschlands und Hollands (mit Arp-Schnitger) oder auch im Elsass und in Sachsen (mit den Silbermanns) sich bedeutende Orgelbaufirmen entwickeln konnten, wundert nicht, aber in dem kleinen Dorf im armen Hunsrück!? Und das über sechs Generationen!?

Schon als Jugendlicher fühlte sich Dr. Eppelsheim, selbst Pfälzer, von diesen Menschen und ihrem Werk angezogen. Dass ihm nun ausgerechnet die Begleitung der Restaurierungen von Rhaunen und Sulzbach in Zusammenarbeit mit der Werkstatt Klais zufiel, war wohl auch für ihn von besonderer Bedeutung, zumal sie die volle Unterstützung der Orgelsachverständigen der Rheinischen Kirche, Herrn Günther Eumann, und die des Orgelbeauftragten des Rheinland-Pfälzischen Amtes für Denkmalspflege, Prof. Friedrich W. Riedel (†), erhielt. Und es war für ihn wohl eine besondere Genugtuung, dass diese beiden Restaurierung bis heute den Maßstab für den weiteren Umgang mit Stumm-Orgeln setzte. Dem Verstorbenen war es ein großes Anliegen, dass sein umfangreicher Nachlass der Stumm-Forschung nun aufbereitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll.

Die Nachricht, dass Prof. Dr. Eppelsheim am 16.Januar 2024 im Alter von 93 Jahren von uns gegangen ist, bewegt alle, die ihn gekannt und mit ihm zusammengearbeitet haben. Unwillkürlich erinnere ich mich an den leisen Klang des Flötenregisters, das unsre Rhaunener Organistin bei Abschieds-Gottesdiensten immer gespielt hat. Die Orgel, deren Trompeten-Register einen so kräftig-vitalen Klang hat, kann mit dem schwebenden Ton dieser „Hohlflaut“ auch seinen Weg des Abschieds begleiten.

Wir, die Gemeindeglieder von Rhaunen, mit Bollenbach und Weitersbach und die von Sulzbach, sind Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim in bleibendem Dank verbunden.

 

Heinrich Teubel, Pfr. i.R.