Wenn Klarinette, Klavier und Viola verschmelzen

Idar-Oberstein: Die Auftaktveranstaltung „Unter Freunden“ der Kammermusikreihe „Kosmos Kammermusik“ im Stadttheater entwickelte sich am Samstagabend zu einem Konzerterlebnis der Extraklasse. In Gedenken an die großartige Konzertpianistin und Pädagogin Elisabeth Jost, die sich zeit ihres Lebens unermüdlich für die Erhaltung und Aufführung der klassischen Musik eingesetzt hat, wurde diese Konzertreihe ins Leben gerufen.

Die künstlerische Leiterin und Ideengeberin dieser Veranstaltungsreihe, Kathrin Isabelle Klein, wagte sich zusammen mit der Leiterin des Kulturamtes der Stadt, Annette Strohm, dem Kunstverein Obere Nahe mit seinem Vorsitzenden Helmut Schmid und dem Stummorgelverein mit dem Vorsitzenden Heiner Schneider an die Umsetzung dieses Vorhabens. Dabei soll Künstlern, die sich der klassischen Musik verschrieben haben und möglichst aus der hiesigen Region stammen, eine Bühne gegeben werden, ihr Können auch in ihrer Heimat zu präsentieren. Und das in der Vielfalt der Musik.

In seinen Dankesworten war Oberbürgermeister Frank Frühauf sichtlich stolz, dass dieses Konzertprojekt nun gestartet werden konnte. Gleich drei Ausnahmekünstler hatten sich in der höchst selten zu hörenden Formation eines Klaviertrios, bestehend aus Fidelis Edelmann (Klarinette), Jannis Rieke (Viola) und Kathrin Isabelle Klein (Klavier) zusammengefunden und boten facettenreich Kammermusik in höchster Perfektion dar. Kathrin Isabelle Klein aus Idar-Oberstein sammelte bereits mit vier Jahren ihre ersten musikalischen Erfahrungen in der Singschule von Elisabeth Jost, nahm auch bei ihr ersten Klavierunterricht. Weitere Stationen ihrer musikalischen Ausbildung waren Mainz, Würzburg und München. Dort lernte sie die beiden anderen Musiker kennen. und sie begannen, sich mit Literatur für dieses Genre zu beschäftigen.

Mozart machte den Anfang

Kammermusik fand, wie es der Name schon vermuten lässt, bei ihrer Entstehung im Zimmer statt. Die Musiker sprachen wortlos, nur mit ihren Instrumenten, aber sehr intensiv miteinander. Dabei musste nicht unbedingt ein Publikum zuhören. Das war eine ganz intime Atmosphäre. Vorwiegend spielte man in kleiner Besetzung. Diese Veranstaltungsform auf das Stadttheater zu übertragen, war ein Wagnis. Aber es hat sich gelohnt. Knapp 180 Besucher verfolgten die musikalischen Auseinandersetzungen der drei Instrumentalisten. Das Publikum war mit einem sehr informativen Programmheft ausgestattet worden, das durch das Konzertgeschehen führte. Allerdings verwunderte eine auf der Bühne stehende große Trommel, die großes Interesse weckte.

Das Trio begann mit dem Kegelstatt-Trio KV 498 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791). Es ist das eine, im Programmheft zu lesen, dass diese Komposition ein Musterbeispiel für Kammermusik ist. Es aber auf solch vollendete Weise selber zu erleben, war ein musikalischer Höchstgenuss. Mozart schrieb das Trio für Musiker aus seinem Freundeskreis, wobei er selbst die Viola spielte. Viola und Klarinette mit ihrem warmen Klang in ähnlicher Tonlage wechselten sich in den harmonischen und ausdruckvollen Melodiebögen ab. Das Klavier unterstützte und ergänzte die Harmonien in gleicher Weichheit und Wärme. Mitunter schimmerten die dynamischen Möglichkeiten der Klarinette durch.

Es folgten die Märchenerzählungen op. 132 von Robert Schumann (1810-1856). Sie entstanden in der letzten Lebensphase Schumanns und spiegeln die romantische Atmosphäre von Märchen wider. Im ersten Satz spürt man die Idylle, die Mystik und meint, durch das einfühlsame Spiel des Trios Elfen zu hören. Im zweiten Satz dominieren markante Akkorde. Im dritten Satz lauscht man zarten Gesprächen, während der vierte Satz sehr prachtvoll daherkommt, sich dynamisch steigert und in mächtigen Schlussakkorden endet.

Nach dieser Fülle an romantischer Musik war der nächste Programmpunkt ein passender Kontrast. Der Komponist György Kurtäg wurde 1926 in Rumänien geboren, lebt in Ungarn und ist heute neben Bela Bartök der bekannteste ungarische Komponist. In seiner Musik vereinen sich impressionistische Klangfarben mit strukturellen Verkürzungen. Und so waren in der „Hommage ä R. Sch.“, die aus sechs Sätzen besteht, lang anhaltend spannungsgeladene Intervalle zu hören, dazwischen Pizzicatotöne der Viola und überraschende Pausen. Kurtäg erweckte die drei Musikcharaktere aus Robert Schumanns Kompositionen wieder zum Leben: Florestan, den Triumphierenden, Eusebius, den Träumenden und Meister Raro, den Vernünftigen. Freude und Schmerz wurden durch die Musik des Trios unmittelbar fühlbar. Es schwebten Wolken als Glissandi von Viola, Klarinette und Klavier durch das Theater. Toncluster zauberten Nachtstimmung, und den Abschied vollendete die nun zum Einsatz kommende große Trommel, deren einziger Schlag gefühlvoll noch sehr lange nachklang.

Von Romantik bis Dramatik

Nach der Pause ging es mit Musik von Max Bruch (1838-1920) weiter. Von seinen „Acht Stücke“ op. 83 erklangen der zweite, fünfte und sechste Satz. Für den ersten Satz wechselte Edelmann zur A-Klarinette, die fast noch sanfter und weicher klingt als die meistens gespielte B-Klarinette. Ein weiches und romantisches Solo der Viola begann und wurde von der Klarinette mit gleicher Wärme und Empathie dramatisch weitergeführt. Dieser Satz verklang mit einem perfekt intonierten ersterbenden Schlusston. Es folgte eine volkstümliche rumänische Melodie, begleitet von Arpeggien auf dem Klavier, die eine Harfe imitieren sollten. Hier wie auch bei allen anderen Stücken muss das unglaublich einfühlsame Klavierspiel der Pianistin hervorgehoben werden, untermalend, partnerschaftlich mitgehend, und auch wieder solistisch, aber immer im Einklang mit den beiden Mitspielern. Faszinierend war die lange Unisonomelodie dieses Satzes. Und der letzte Satz „Nachtgesang“ klang mal leise, mal dramatisch bis zum Schlussakkord, bei dem man nicht zu atmen wagte.

Der Komponist Jean Francais (1912-1997) steuerte das letzte Werk des Abends, „Trio pour Clarinette, Alto et Piano“, bei. Im ersten Satz begleitete die Viola die Klarinettenklänge mit sehr rhythmischen Legatobogenstrichen. Der zweite Satz erinnerte an den Hurnmelflug, an jazzige Rhythmen, auch im Klavier, Prestissimo in allen drei Instrumenten bis zum Schlussakkord. Leichte, fröhliche Melodien folgten im dritten Satz. Ein Walzer klang auf. Der vierte Satz „Largo“ ist wieder bedrückend, beginnend mit einem aus dem Nichts aufsteigenden Ton der Klarinette, weitergeführt von Viola und Klavier. Wobei der letzte Satz sichtlich noch einmal die Freude der drei Freunde am gemeinsamen Spielen, unter anderem durch rhythmische Verschiebungen, witzige Pizzicatoeinlagen von Viola und Klarinette demonstriert. Ohne eine Zugabe durften die Musiker natürlich nicht von der Bühne.

Die künstlerische Leiterin, Kathrin Isabelle Klein, hat das Konzert „Unter und mit Freunden“ sehr genossen. Ihr Dank gilt zum einen dem MV Tiefenstein, der die große Trommel ganz freundschaftlich zur Verfügung gestellt hatte und zum anderen ihrem Bruder, Jan-Felix Klein, der unermüdlich mit vollster Konzentration die unzähligen Seiten der Klavierpartitur für sie umblätterte.

Die Leiterin des Kulturamtes, Anette Strohm, war glücklich über die gelungene Premiere der Veranstaltungsreihe. Sie würde sich sehr wünschen, wenn auch die nächsten Konzerte mit gleichem Interesse vom Publikum angenommen würden. Anneliese Hanstein (Nahe-Zeitung vom 11. Februar 2020)

Bericht NZ vom 11.2.2020
Bericht NZ vom 11.2.2020